· 

Urlaub auf Abwegen - neunter Teil

Bentje war endlich angekommen und riss an der Weste eines der Männer, um ihn fortzuzerren. Der drehte sich einmal um sich selbst und fegte sie mit dem Ellenbogen weg, wie ein lästiges Insekt. Gleich darauf trommelte sie mit ihren Fäusten auf seinen Rücken ein. Es nützte nichts.

 

*****

 

Georg bestand nur aus Schmerz. Er japste nach Luft, doch das Einatmen schien seinen Brustkorb zu zerreißen. In seinem Gesicht brannte Feuer und trieb ihm Tränen in die Augen. So sah er den nächsten Schwinger nicht kommen, der ihn seitlich am Kinn traf und ihn zu Boden gehen ließ.

 

*****

 

„Hört auf!“ Ole hatte sich aus der Lähmung befreit und versuchte, zwischen die Männer und seinen Vater zu treten.

„Aus dem Weg!“, sagte einer und schob ihn mühelos beiseite.

„Stopp!“, protestierte Ole. „Hört auf! Es reicht!“

Doch sie machten weiter. Abwechselnd schlugen und traten sie seinen Vater, der wimmernd am Boden lag und sich bemühte, seinen Kopf mit den Armen zu schützen.

Ole änderte seine Strategie und schritt auf Bentje zu, die noch immer versuchte, die Schläger wegzuzerren. Vielleicht hätten sie gemeinsam mehr Erfolg.

 

*****

 

Bentje erschrak, als Ole auf sie zukam. Er war die Wurzel allen Übels. Bis er aufgetaucht war, hatte sie es kuschelig mit Georg. Seit Ole vor ihrer Tür gestanden hatte, war es mit der jungen Beziehung rasant bergab gegangen. Und jetzt entpuppte sich dieser Bengel als gefährlicher Rechter, der einen Schlägertrupp organisiert hatte, um seinen Vater zu verprügeln. Sie wich vor ihm zurück. Wer sagte eigentlich, dass die Brutalos nur auf Georg angesetzt waren?

 

*****

 

Ole sah die Angst in Bentjes Gesicht. Er wedelte mit den Händen, um zu signalisieren, dass von ihm nichts zu befürchten war.

Der Kerl mit dem Baseballschläger hielt abrupt inne, folgte mit dem Blick Oles Gestik und inspizierte Bentje.

„Ist das die Schlampe, mit der es dein Vater treibt?“, fragte er.

Bentje reagierte mit dem Überlebensinstinkt eines Beutetieres, machte auf dem Absatz kehrt und eilte um das Wohnmobil herum. Sie fischte mit zitternden Händen den Schlüssel aus ihrer Handtasche, entriegelte per Knopfdruck die Türen, warf sich auf den Fahrersitz und verriegelte den Camper sofort hinter sich.

Sekundenbruchteile später standen Ole und der Schläger draußen vor der Tür, hämmerten an die Scheibe und brüllten auf sie ein.

Ohne zu überlegen schob Bentje den Schlüssel ins Schloss, trat die Kupplung, warf den Motor an und fuhr mit durchdrehenden Reifen los.

Laut knallend riss die Wäscheleine, an der noch immer ihre Sachen baumelten. Bentje sah sie ein letztes Mal im Rückspiegel, als sie mit dem Camper holpernd und stotternd flüchtete.

 

*****

Kommentar schreiben

Kommentare: 0