Festmachen

Wenn die Welt um dich herum ins Wanken gerät, wenn Wellen dich zu überrollen drohen, dann lichte dir einen Anker. Finde etwas, an dem du dich festmachen kannst ...

(Impuls aus der Immerfort-Box von dein-wortschatz)

 

Heute vor 25 Jahren wankte meine Welt. 

Wellen schlugen über mir zusammen und ich ging unter.

Kurz.

 

Auf einer vierspurigen Straße geriet ein entgegenkommendes Fahrzeug auf meine Spur und ich krachte frontal hinein. Ich verlor nicht das Bewusstsein und doch weiß ich das alles nur aus Erzählungen, von Bildern und aus der Zeitung.

Was ich weiß, ist, dass ich eben noch auf dem Weg zu einer Geburtstagsfeier war und plötzlich im Krankenhaus „zu mir komme“.

 

Dazwischen konnte ich weder sagen, wie ich heiße, noch was passiert ist. Ich fragte nach Mutter und Schwester und nach etwas zu trinken. 

Was schlimm aussah, entpuppte sich als „Glück gehabt“. Kein Schädel- oder Kieferbruch, keine inneren Verletzungen, keine großen Wunden. „Nur“ eine aufgeschnittene Nase, Quetschungen, Prellungen und ein ziemlich durcheinander geschütteltes Hirn.

 

Am Anfang habe ich Schwierigkeiten, in mein „neues Leben“ hineinzufinden. Es fühlt sich an, als hätte man mich aus meinem Leben herausgenommen und in ein anderes hineingesetzt. Mir fehlen einige Stunden, ich kann nicht einfach anknüpfen.

Eine Welle hat mich fortgespült.

 

Doch dann kehre ich langsam zu mir zurück. Begreife, wo ich bin, und was passiert ist. Sehe meine Familie und ihre sorgendurchfurchten doch vorsichtig erleichterten Gesichter.

Das Schwanken hört auf. Ich wurde versorgt, bin umsorgt und erobere die neue Realität als mein Leben. Je länger sie dauert, umso vertrauter wird sie.

 

Als ich einige Tage später aus dem Krankenhaus entlassen werde, führt mich mein Weg in die Kirche meiner Kindheit.

Danke sagen!

Aufatmen!

Festmachen!

 

Um danach aufzustehen und mein Leben weiterzuleben. 

Oder neu zu leben?

Genau kann ich das nicht sagen.

 

Aber mit dem Wissen:

Wenn die Welt um mich herum ins Wanken gerät, wenn Wellen mich zu überrollen drohen – 

Ich bin gehalten. Festgemacht. Ich werde nicht untergehen.

 

Gesegnet! Dankbar! Zuversichtlich!

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Kommentare: 1
  • #1

    Iris (Montag, 30 Januar 2023 14:48)

    Danke für diesen tröstenden Text, mit dem du uns an deinem Leben teilhaben lässt, liebe Andrea.